Diss,  Kulturmomente

Die Pazzi-Verschwörung Teil 1: Der Mord

Am 28. April 1478 wird Jacopo dei Pazzi, Oberhaupt einer der ältesten und reichsten Familien von Florenz, an einem Fenster des Palazzo de’ Signori aufgeknüpft. Dem war eines der berühmtesten Attentate der florentinischen Geschichte vorausgegangen.

Die Verwicklungen und Intrigen, die zu diesem ziemlich frevelhaften Attentat geführt hatten – immerhin wurde Giuliano de’ Medici im Dom während einer Messe ermordert – und die diversen Mordversuche, die dem vorausgingen, möchte ich Ihnen hiermit gerne erzählen:

Beginnen wir mit der zentralen Familie: Die Pazzi.

Die Familie Pazzi war eine der ersten und ältesten Familien der Stadt Florenz, allerdings wurden sie seit Anfang der 1470er sukzessive um Macht und Ansehen gebracht, und zwar von den Medici. Die Medici waren nämlich bis 1474 die Bankiers der Päpste, doch in diesem Jahr wollte Papst Sixtus IV. die Stadt Imola kaufen, auf die die Medici aber ebenfalls spitzten und daher nicht bereit waren, dafür dem Papst Geld zu leihen. Hier sprangen nun die Pazzi ein, borgten das Geld und wurden umgehend die neuen Bankiers im Vatikan.

Das wiederum empörte die Medici und sie versuchten nun ihrerseits, die Pazzi in Florenz auszuboten. Eine Gemeinheit gab die andere und im Jahr 1478 sahen die Pazzi keine andere Möglichkeit mehr, diese Krise zu beenden, als die Gegenpartei zu ermorden. Das ist im 15./16. Jahrhundert eine durchaus übliche Vorgehensweise: Wenn Sie mit Ihren Gegnern partout auf keinen grünen Zweig kommen, ermorden Sie sie. Und zwar bei einem Bankett.

(In Siena gab es diesbezüglich einen Fall, wo die zu ermordende Familie vom geplanten Attentat Wind bekommen hatte und sich dementsprechend bewaffnet zum Bankett begab. Sie konnten den Angreifern paroli bieten und zum Schluss gab es 200 Tote.)

Der junge Kardinal Raffaello Riario (Neffe des Papstes und später Förderer Michelangelos) sollte bei seinem Besuch in Florenz von den beiden Medici-Brüdern Lorenzo (der Prächtige) und Giuliano zum Abendmahl in die Medici-Villa in Fiesole eingeladen werden, und bei dieser Gelegenheit wollte man die beiden Medici-Brüder ermorden. So war der Plan.

Doch leider war Giuliano unwohl und sagte ab. Jetzt ist es aber so, dass Sie, wenn Sie Ihre Gegner ermorden wollen, ALLE männlichen Mitglieder ermorden müssen, sonst hat es ja keinen Sinn. Also wurde der Mordplan verschoben und eine Gegeneinladung ausgesprochen, bei der man die Morde auszuführen gedachte. Das zweite Bankett sollte am 26. April stattfinden.

Diesmal erfuhren die Pazzi schon vorher, dass Giuliano unwohl war und nicht kommen werde. Zu dem Zeitpunkt waren bereits etwa 80 Personen in die Verschwörung verwickelt und es war sehr wahrscheinlich, dass sie bald entdeckt werden würden, man braucht also schnell einen Plan B.

Der neue Plan sah vor, die beiden Medici im Dom zu ermorden, während des Hochamts, das der junge Kardinal Riario an diesem Tag feiern würde.  Doch schon im Vorfeld bahnte sich das Scheitern an.

Der Graf von Montesecco, der dazu bestimmt war, Lorenzo zu töten, weigerte sich nun entschieden. Zum einen empfand er mittlerweile Sympathie für Lorenzo, zum anderen schreckte ihn wohl das Morden in einer Kirche ab. Nun musste eiligst Ersatz gefunden werden und man fand: Zwei Priester. Für den Mord in einer Kirche denkbar ungeeignete Leute.

Giuliano de’ Medici sollte von Francesco dei Pazzi, dem Hauptverschwörer, und Bernardo Bandini, einem “feurigen Jüngling”, ermordet werden. Als Zeichen zum Auftakt der gemeinsamen Morde war der Augenblick vereinbart worden, da Kardinal Riario das Abendmahl zu sich nähme.

Und jetzt geht es los:

Der Gottesdienst begann, als man merkte, dass Giuliano – schon wieder – fehlte.

Francesco dei Pazzi und Bernardo Bandini, die ihn ermorden sollten, gingen daraufhin zu seinem Haus und brachten ihn “durch Bitten und mit List” in den Dom, und – das ringt sogar Machiavelli Bewunderung ab: “Es ist fürwahr der Aufzeichnung würdig, mit welcher Beherztheit und mit welch hartnäckigem Entschlusse Francesco und Bernardo ihren tödlichen Hass und ihre verderbliche Absicht verbergen konnten.”[1]

Die Verstellungskunst der beiden zukünftigen Mörder beeindruckt tatsächlich: “mit Witzworten und jugendlichen Scherzreden”[2] unterhielten sie Giuliano auf dem Weg zu seiner Ermordung und Francesco versäumte nicht, Giuliano herzlich zu umarmen und zu liebkosen um herauszufinden, ob dieser einen Brustharnisch oder eine Schutzwaffe unter seinem Mantel trug.

Dergestalt führten die Mörder ihr zukünftiges Opfer also in den Dom und nahmen Aufstellung: Die beiden Priester bei Lorenzo, die beiden anderen bei Giuliano.

Die Mörder waren bereit.

Als nun der Kardinal den Kelch hob – das war das vereinbarte Zeichen – stieß Bernardo seinen Dolch (der extra für das Attentat gefertigt worden war) dem Giuliano so heftig in die Brust, dass dieser nach wenigen Schritten zu Boden fiel. Francesco dei Pazzi stürzte sich daraufhin in blinder Wut auf Giuliano und metzelte ihn mit 21 Messerstichen nieder.

Die beiden Priester waren weniger erfolgreich: Lorenzo konnte die Attacke abwehren und sich – unterstützt von seinem besten Freund Angelo Poliziano (ja, der Humanist) – in die Sakristei retten.

Unterdessen war ein weiterer Teil der Verschwörer zum Palazzo dei Signori (heute Palazzo Vecchio) geritten, um die Signoria (die Stadtregierung) auf ihre Seite zu ziehen, freiwillig oder mit Waffengewalt, je nachdem. Der Erzbischof von Pisa, Teil der Verschwörer, stieg mit einem Teil des Gefolges in den ersten Stock, wo die Signori gerade zu Mittag aßen. Allerdings sperrte sich der Großteil des Gefolges unabsichtlich selbst in einem Raum ein, sodass letztlich nur der Erzbischof mit einigen wenigen Männern vor den Signori stand.

Der Erzbischof – ob der Situation hoch nervös – stammelte herum, der Ratsvorsitzende erkannte die Situation, stürzte schreiend hinaus und riss einen Gefolgsmann zu Boden. Die Signori stürmten zu ihren Waffen und im darauffolgenden Tumult wurde ein Großteil der Verschwörer getötet oder lebendig aus den Fenstern auf die Piazza geworfen. Nur den Erzbischof ließ man vorerst noch leben.

Gleichzeitig war im Dom die Sache bereits verloren. Der Hauptverschwörer Francesco dei Pazzi kehrte verwundet nach Hause zurück, sein Mittäter Bernardo Bandini, der feurige Jüngling, floh gleich aus der Stadt. Lorenzo wurde von seinen bewaffneten Freunden zu seinem Palazzo geleitet und beschützt. Die Signori im Palazzo Vecchio läuteten zum Parlament und in Minuten war die ganze Stadt in Waffen und auf der Piazza della Signoria.

So, hier muss ich nun abbrechen. Denn was jetzt kommt, ist nichts für schwache Nerven.

Wenn Sie weiterlesen wollen, gehen Sie bitte zu Die Pazzi-Verschwörung Teil 2. Rache und Vergeltung.

Für alle anderen sei hier kurz zusammengefasst: Giuliano wird am 26.April 1478 im Dom während des Hochamts ermordet, Lorenzo der Prächtige überlebt. Die Stadt liebt die Medici und übt nun umfangreich Rache an den Pazzi und ihren Mitverschwörern.

Man sollte bei einem Mord nicht unbedingt auf Priester setzen.

 

 

 

[1] Machiavelli: Geschichte. S.478

[2] Machiavelli: Geschichte. S.478